Sie konnte ihm nichts davon erzählen. Sie konnte es niemandem sagen, Peter schon gar nicht. Was hätte sie sagen sollen? "Da war eine Pflanze, die kam aus dem Ausguss und hat mich erregt, und es war besser, als es mit dir jemals war"? Sie konnte verstehen, dass man sie nur für verrückt halten konnte.
Sie fand, dass der Verstand jetzt öfter dazu neigte, zu dämmern. Als ob etwas in ihr dabei war, sich still und langsam zu verabschieden, hinabzusinken in einen unruhigen, Unheil quellenden Schlaf. Dann fühlte sie sich einfach unverstanden, abgekoppelt vom Rest der Welt und besonders von Peter. Wenn sie allein zu Hause war und Peter weit weg in der Arbeit, fand sie sich manchmal, wie sie das Kissen nassheulte und den in Flammen stehenden Bauch mit Massagen zu beruhigen suchte.
"Er kann dir nicht helfen", sagte die Stimme. "Er kann es nicht. Er ist schwach und willenlos. Er kann dir nicht helfen."
Sie beschloss, ihm noch eine Chance zu geben. Ihr Herz klopfte wild, wenn sie daran dachte. An manchen Tagen, wenn es besonders schlimm wurde, war es der einzige Gedanke, der sie aufrecht hielt.
Sie wusste jetzt genau, dass die andern hinter ihrem Rücken über sie sprachen. Sie dachte daran, aufzugeben, zu kündigen, oder sich ein paar Tage krank zu melden. Es widerstrebte ihr, aber ihr wurde alles zu viel, und sie konnte sich meistens ohnehin nicht konzentrieren.
Sie hatte alles vorbereitet, hatte Brigitte unauffällig nach den besten Hilfsmitteln ausgefragt, sich sogar in den Beate Uhse-Shop in der Fußgängerzone gewagt. Als Peter heimkam, war das Haus abgedunkelt, und nur ein schwacher, lebendige Wärme spendender Flammenschein drang aus dem Wohnzimmer.
Neugierig schlich er herbei, neugierig sah er sein Mädchen, seine kleine Zuckerprinzessin umflutet von Kerzenlicht, neugierig angeregt trat er herbei.
Sie saß dort auf dem großen Stuhl wie eine Königin, gekleidet in ein cremefarbiges Kleid, das ihre schlanke und feste Figur üppig umschloss, ihre Brüste voll und schwer hervortreten ließ. Die Beine hielt sie überkreuzt. Die Haare flossen auf ihre Schultern herab wie ein sanfter, reicher Wasserschwall. Sie konnte erkennen, wie erregt er war, kaum dass er das Zimmer betrat: Seine unsicheren Schritte, sein gebeugter Körper strahlte es aus, seine Schweißperlen rochen danach.
"Komm her", sagte sie.
"Bleib stehen", befahl sie.
"Du ziehst dich jetzt aus", stellte sie fest.
"Soll ich...?"
"Du wirst nur reden, wenn du gefragt wirst", unterbrach sie ihn. "Was habe ich dir befohlen?"
"Dass ich mich ausziehen soll..." Er war verunsichert. "Du bist so leicht zu verunsichern! Worauf wartest du?"
Er beeilte sich. Sie betrachtete ihn lüstern und kicherte, als er ungeschickt an seiner Hose nestelte. Unter dem Slip bäumte es sich, pulste sicher schon schmerzhaft gegen den Stoff. Als er nackt stand, sein Schwanz vor ihm baumelnd, hilflos wie ein Ast halbsteif im Wind, verlangte sie, dass er auf alle Viere ginge, und er gehorchte nach einem fragenden Blick zögernd.
Als sie ihm das Halsband anlegte, fand er das lustig. "Wer hat dich nach deiner Meinung gefragt", sagte sie voll Verachtung. "Ab jetzt gibt es für dich kein Zögern mehr. Heute nacht hast du keine eigene Meinung, zumindest nicht, wenn dir deine Gesundheit was wert ist." Vielleicht dämmerte ihm, dass das kein Spaß werden würde - nicht für ihn. In dem flackernd rötlichen Schein war es nicht zu erkennen.
"Bring mir die Gerte", sagte sie.
"Was?"
Sie seufzte laut. "Alles zweimal sagen zu müssen, frustriert mich dermaßen! Du hast mich genau gehört, also bitte, bitte, BITTE keine Blödheiten... bring mir die Gerte." Sie beschloss, ihm zu helfen, da er sich suchend umsah. "Dort hinten", sagte sie hilfreich.
Natürlich wollte er aufstehen. Ihre Stimme schwang voller Ungeduld: "Habe ich gesagt, dass du aufstehen darfst?"
"Nein..."
"Nein... was?"
"Nein... das hast du nicht gesagt."
"Ganz genau. Na los, los, schau nicht so blöd, bring mir die Gerte."
Die Leine rollte sich surrend aus. Sie gab ihm Raum, bis er das kleine Tischchen erreichte, wo seine geliebten Schachfiguren gestanden hatten.
"Du hast meine..." Ein Ruck ließ ihn verstummen. Im Geschäft hatte sie die Stacheln an der Innenseite des Halsbands interessant gefunden - jetzt zogen sich ihre Augenbrauen in einem erstaunten Bogen hoch. Es sah aus, als würde sie eine Erkenntnis durchzucken - so ging das also. Vielleicht war da auch eine Spur Angst, ein Erschrecken vor sich selbst, vor dem, wozu sie an diesem Abend noch fähig sein würde.
Da er dann stand und versuchte, halbaufgerichtet die Gerte in die Hand zu nehmen: "Mit dem Mäulchen natürlich. Mein Gott, bist du dumm."
Sie lachte, als er herankam. Sie befahl ihm, den Arsch hochzurecken. Sie baute sich hinter ihm auf und begann, auf seinen Arsch einzuprügeln. Er jaulte wie ein guter Hund, und es schien, als würde das noch die Wut steigern, die sie in jeden Schlag legte.
Als würde sie von einer fremden Kraft getrieben, die sie nicht unter Kontrolle hatte, schlug Lust auf Lust auf ihn ein. Peter zuckte immer häufiger weg, und schließlich versuchte er, davonzuhumpeln, während er jammernde Laute von sich gab.
"Nein nein nein nein", sagte Eva laut. Sie zog an der Leine, und ein gellender Schrei erstickte in seinem Hals, kam heraus als ein würgendes Keuchen, als die Stacheln sich aufstellten und in den Hals bohrten. Sie stand neben ihm, bohrte ihm einen hochhackigen Schuh ins Kreuz, dass er zu Boden fiel, lang auf das lange Gesicht. Sie kniete sich auf ihn, und ein Paar Handschellen schien wie aus dem Nichts in ihrer Hand aufzutauchen. Mit geläufigen Bewegungen, als hätte sie es schon hunderte Male getan, legte sie Peter die Handschellen an.
"Aufstehen", befahl sie. "Na los!" Sie riss an seinen gefesselten Armen. Mühsam kam er auf die Knie, stemmte sich hoch. "Du bist wahnsinnig", sagte er. "Du bist ja vollkommen..."
Sein Satz erstickte in einem aufheulenden Laut. Er wäre zu Boden gestürzt, wenn sie ihn nicht aufgefangen hätte. Sie hatte ihm ihr Knie in die Hoden gerammt, ihn gegen die Wand gestoßen, und jetzt war ihr Mund auf seinen Lippen, ihre Zunge in seinem Mund, forschend und fordernd. So wie er früher getan hatte. Sie zwang seinen Mund mit den Fingern zwischen den Kiefern.
Als sein Schwanz sich hoch aufzurecken begann, umfasste sie ihn grob mit einer Hand. Sie führte die Hand an dem Schaft auf und ab, so grob sie wollte. Er stöhnte auf, halb aus Lust, halb aus Entsetzen.
"Dir gefällt das! Dir gefällt das, wenn ich dich zwinge. Willst du ficken? Hm?" Er nickte zaghaft. "Los, antworte mir!"
"Ja", rief er. "Ja, will ich! Ich will... ficken."
Sie legte ihm Brustwarzenklemmen an. Es erinnerte sie daran, wie sie als Kind den Christbaum behängt hatte. Mit der Gerte trieb sie ihn die Treppen hoch. "Du bist sicher gespannt, was dich erwartet... versuchs gar nicht erst, du wirst sowieso überrascht sein!"
Sie stieß ihn bäuchlings aufs Bett. Sie nahm die Tube vom Nachttisch und rieb ihn zwischen den Arschbacken ein. Sie war nicht zärtlich, als sie den Plug einführte. Er stöhnte auf.
Sie wälzte ihn herum. Gegen seinen Widerstand wand sie den Knebel in seinen Mund.
In seinen Augen war Panik. Das war kein Erschrecken, keine leise Angst - das war pures Entsetzen, gepaart mit Ungläubigkeit. Er schien seine Freundin nicht zu erkennen - er sah sie an wie ein fremdes Wesen, ein Monstrum, das mit seinen funkelnden, gierigen Augen die Vorfreude, ihn zu verschlingen, bis zum letzten Moment auskostete.
Und trotzdem stand sein Schwanz stocksteif, als sie ihr Kleid fallenließ und nackt vor ihm stand. Er starrte sie an, mit feuchten Augen. "Kannst du dich nicht entscheiden, ob du geil sein sollst oder dich fürchten?" fragte sie.
Sie beugte sich zu seinem Ohr herab und flüsterte: "Wehe, du wagst es, zu kommen." Er starrte sie an, die Augen weit aufgerissen. "Ich nehme an, du hast begriffen, dass ich es ernst meine." Er nickte hektisch. "Gut!" Sie dehnte das Wort, genussvoll und mit diebischer Lust.
Umständelos setzte sie sich auf ihn und führte sich den Schwanz in seiner lebendigen Größe ein. Das Aussehen hatte Eva am Anfang ihrer Beziehung so beeindruckt, dass sie Brigitte aufgeregt, hinter vorgehaltener Hand, vorgeschwärmt hatte: dieser Mann sei... enorm, seine Fähigkeiten beeindruckend... einzigartig die Liebe... Lang war das her, der Weg weit.
Sie ließ sich auf ihn herab: Langsam, die Hände drohend an den Brustwarzenklemmen, ließ sie ihn weiter und weiter in sich ein, genießerisch die Augen geschlossen, um sich ganz dem Gefühl hinzugeben: Ausgefüllt bis zum Äußersten, von dem drängenden Ziehen in ihrer Lende getrieben, hatte sie einmal die volle Kontrolle und war unfähig, anders zu handeln, als sie es jetzt tat.
Sie war nicht sicher, was sie tatsächlich tat. Sie dachte daran, was sie tun würde, wenn er es wagte, sie vollzuspritzen. Die Vorstellung ekelte sie an, Bild für Bild sah sie Höllenstrafen vor sich, hörte Peter unter Plastik nach Luft ringen, sah ihn mit blau angelaufenen Hoden, die Eichel zwischen rohe Holzbretter gequetscht, becherweise die eigene Pisse schluckend, an den Heizkörper gefesselt, so dass er weder richtig sitzen konnte noch stehen... hörte sich, wie sie leise kichernd die Heizung voll aufdrehte...
Sie wusste nicht, wer sie war. Es ging alles von diesem Ziehen aus, diesem Brennen in ihr, diesem Pochen, als würde ihr Herzschlag mitten in ihrer Scheide geschehen. Die Sehnsucht, das Loch in ihr zu stopfen, vollzufüllen, die Leere in ihr irgendwie vollzubekommen, ummantelte alles, hüllte es in einen dichten, wolkigen Schleier, und ließ ihr keine Wahl: Sie hieb sich auf Peters reglos erstarrten Leib herab, sog den stahlharten Schwanz mit starken Muskeln in sich und riss an den Klemmen, bis seine Brustwarzen wie seltsame weiche Türme langgestreckt, langgezogen standen und seine Schreie das Haus gellend erfüllten.
Und dann war es aus. Schweißgebadet hob sie sich von ihm, lag keuchend und hinterließ Flecken auf dem blütenreinen Bettzeug.
Sie hörte ihn jammern durch seinen Knebel. Der Schreck durchwühlte sie schrill. Sie wälzte Peter auf den Bauch, kramte nach dem Schlüssel, es schien eine Ewigkeit zu dauern. Dann schloss sie die Handschellen auf.
Seine Flüche brachen laut über sie herein, kaum dass er den Knebel gelöst hatte.
"Verdammt, wo hast du diesen Scheiß her. Ich dachte, ein bisschen Fesselspiele könnten dir helfen. Du bist ein Freak, das bist du, ein Kontrollfreak, wirklich wahr! Du verdammte Nutte!"
Noch nie hatte sie ihn so fluchen gehört. Er löste sich die Klemmen von den Brustwarzen und bäumte sich unter Schmerzen auf. "Verdammt! Beim Runternehmen ist das noch viel schlimmer! Scheißescheißescheiße!" Sie verzog das Gesicht. Beinahe hätte sie ausgerufen, dass sie das nicht gewusst hatte. Sie blieb lieber still. Sie wagte es kaum, ihn aus den Augenwinkeln anzussehen.
Das drängende Ziehen war um kein bisschen besser geworden. Wenn überhaupt, hatte es an Kontur gewonnen, war nähergerückt wie ein riesiger Vogelschwarm aus dem Nebel.
Sein Körper war voll von Striemen. Rote, lange Male zogen sich kreuz und quer über seinen rund schimmernden Arsch. Ihr war nicht bewusst gewesen, wie hart sie ihn schlug.
Nackt, wie sie war, lief sie aus dem Zimmer. Sie füllte sich ein riesiges Glas Wasser und trank es in einem Zug. Ihr Blick ging ins Leere. Plötzlich dachte sie, dass sie völlig vergessen hatte, all die Kerzen zu löschen, und wie gefährlich das war, und was geschehen wäre, wenn sie die Klemmen noch länger an ihm gelassen hätte, und ob er am Ende bleibende Schäden davontrug.
Er trug einen Koffer bei sich. "Ich werde jetzt nicht mit dir streiten", sagte er. "Ich will hier nur weg. Nur weg von dir."
Sie sagte kein Wort. Sie stand still in der Tür, als er sich an ihr vorbeidrängte und seine Wärme sie noch einmal durch das blaue, ordentlich gebügelte Hemd berührte. Eine Weile lang blieb sie so. Dann holte sie sich noch ein Glas Wasser, das sie ebenfalls in einem großen Zug austrank.
2. Akt
2. Oktober: Im Gefängnis Carandiru kommen bei einem Aufstand 111 Menschen ums Leben.
4. Oktober: Der Papst gewährt Schwester Juliette Demaquis eine Privataudienz, nachdem sie zur Generaläbtissin gewählt wurde. Als er in ihre Augen sieht, beginnt der Papst, seinen Glauben zu verlieren.
Gernot Saref hat sich verkühlt und ist heiser. Er ahnt, dass bald Schlimmeres kommt. Er ist stählern entschlossen, die Zeit zu genießen, die bleibt.
10. Oktober: Ein Verrückter steht an der Theke. Er scheint über der Zeitung wie eingeschlafen. Er blättert um und stößt auf das Bild von Juliette Demaquis. Fünf Polizisten sind nötig, um ihn zu bändigen.
Peter Habholtz überdenkt seine Möglichkeiten. Vielleicht wird er seinen Rechtsanwalt einschalten. Er braucht Zeit. Von seiner Freundin verprügelt zu werden, ist lächerlich. Davonzulaufen hingegen ist pure Feigheit.
11. Oktober: Eduard Schewardnadse wird Staatspräsident. In Basel eröffnet das Museum Tinguely.
19. Oktober: Jessie Raleigh und Gert Kohuth werden tot aufgefunden. Die Polizei vermutet eine Verzweiflungstat. Zeitungen spekulieren über politische Hintergründe. Im Abschiedsbrief soll mehrmals ein hebräisches Wort vorkommen. "Ba'el", murmelt Gernot Saref, der die Zeitung durchblättert. Seine Augen sind schreckgeweitet.
Greenpeace stellt das Dreiliterauto vor. Kohl schwingt eine Rede. Der Plan verschwindet in Schubladen, noch bevor der Applaus abklingt.
20. Oktober: Eine kritische Zeitung berichtet über einen dramatischen Anstieg der sexuell motivierten Gewalttaten. Kein anderes Medium erwähnt die Meldung mit einem einzigen Wort. Die meisten Täter sind Frauen.
Das Hausmädchen Ines verlässt ihre Wohnung nicht. Ihre Mutter wurde tot aufgefunden. Sie hatte sich selbst erhängt.
7. November: Lagos, Nigeria. Absturz einer Boeing 727. Alle 143 Menschen sterben.
Und Eva Kellinger liegt auf ihrem verkommenen weißen Bett und schläft.