Heimsuchung

Seite 17

Als es Abend wurde, ging Eva und nahm das leopardengemusterte Top aus dem Schrank, und den kurzen Rock dazu, und die aufregenden Strümpfe, die sie für Peter gekauft hatte; sie schminkte sich, wie es nur eine Frau kann, die zu vielem entschlossen ist.

"Es ist das Geld", dachte sie, als sie im Wind stand und fror. Da stand sie erst vor der Tür, den Schlüssel noch in der Hand. Und schon war es eiskalt um ihre Beine, um ihren Körper. "Das Geld wird ihnen die Erlaubnis geben, sich zu holen, was sie sich wünschen."

Sie kam nicht weit. Kaum war sie in die Straße gebogen, um zu ihrem Auto zu gehen, als ein Wagen hinter ihr die Lichter aufblitzen ließ. Sie drehte sich automatisch um. Sie glaubte vage, den Wagen zu kennen, der heranbrauste und quietschend neben ihr hielt.

Ein dunkelblauer Mercedes... Günter fuhr so etwas. Eva trat an die Beifahrertür heran. Die Scheibe glitt langsam und gleichmäßig herab und machte dabei ein altertümliches Brummgeräusch. Eva lehnte sich in den Wagen. Aus irgendeinem Grund hatte sie mit einem alten, schmerbäuchigen Mann gerechnet; der Mann, der da saß, war vielleicht dreißig, fünfunddreißig Jahre alt, dreitagebärtig und...

"Günter!"

Er ging nicht im geringsten darauf ein. "Geiles Outfit", sagte er lächelnd. "Was kostest du?"

"Äh... einhundert?" sagte sie aufs Geratewohl. Sie biss sich auf die Lippen. Sie hatte überhaupt nicht über den Preis nachgedacht.

"Fünfhundert", sagte Günter. "Für die ganze Nacht."

"Okay", sagte Eva. Ihr Herz brannte in Wut bei der Erinnerung an den Abend, als Günter im Schlafzimmer aufgetaucht war, aber sie hatte sich etwas vorgenommen und würde es durchziehen.

Sie stieg in den Wagen. Die Tür schloss sich mit einem satten Knall.

"Und, Süßer, was haben wir vor?" fragte Eva und legte ihm die Hand auf den Hosenschlitz. Sie hatte es so in Filmen gesehen, und deshalb stellte sie sich vor, dass Prostituierte das taten.

"Ich hoffe du bläst gut", sagte er. "Du wirst mich verwöhnen... und meine Frau."

Nach einer Pause informierte er sie barsch: "Wir machen Rollenspiele."

Eva nickte stumm.

"Und SM."

Sie glitten ins Schweigen, als hätte es eine stille Übereinkunft gegeben. Die Lichter der Autobahn glitten an Eva vorbei, ohne dass sie sie wahrnahm. Ihre Blicke waren starr nach vorne gerichtet. Günter und Doris wohnten ein wenig außerhalb; er musste auf sie gewartet haben. "Was machst du hier?" musste sie einfach fragen.

"Ich dachte, ich schau noch mal vorbei", sagte Günter leichthin. "Wegen des Abflusses. Und jetzt setz dich aufrecht und gerade hin, und Schluss mit der Fragerei."

Eva schluckte. Vielleicht war es besser so.

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