Wie ich draußen am Gang war, habe ich mich plötzlich gefragt, was ich hier eigentlich tue. Sowas von blöd! Blödes Weib, blöder Winter, blöder Gang, blöder Ich! Also, Burschen, ihr müßt euch das einmal bildlich geben: Ich steh da also auf den Gang vor den gemeinsamen Haushalt von der Lebensabschnitts, dings, Gemeinschaft Hawlicek-Nawratil, dunkel ist es, weil ich mir ja nicht trau, das Licht einschalten. Weil, Burschen, ich steh da in einem schwarzen Stringtanga, mit Socken und Schuhen und sonst genau gar nichts an. Und justament in den Augenblick fällt mir es wie Schuppen von den Haaren: mein Geldbörsel, das steckt in der Hose. Und die Hose, die hat das Fräulein Nawratil, meine Alte, die mit den Titten. Ebenfalls auch den Schlüssel, die Ausweise, und alles.
Wo kriege ich jetzt eine Milch her? Der Westbahnhof geht ja nicht, weil wie kommt man dort hin? Autoschlüssel hat ja... eh schon wissen, Geld auch. Geld! Ohne Geld keine Musik, und keine Milch schon gar nicht. Als nächstes fällt mir ein, Mami, aber wie erreichen? Das Handy hat ja... eh schon wissen. Da, Freunde, überkommts mich arschheiß wie der Blitz: Unten im zweiten Stock, die süße Kleine, die hat mich schon ein paar Mal so lieb angeschaut. Andererseits, wie erklär ich der, warum ich quasi praktisch de facto nackt vor der Tür stehe? Und da stehen ja dann vielleicht nicht nur die Füße, ihr versteht. Also jedenfalls, mir wird langsam klar, daß das keine Zukunft hat: Entweder ich setze mich langsam in Bewegung und tue irgendwas, oder ich bettele, daß ich wieder hineinkomme und die Hose wenigstens anziehen darf, oder ich erfriere, weil auf den Gang war es schon kalt genug, das Wetter draußen wollt ich mir gar nicht überlegen.
Also hantele ich mich im Dunkeln die Stiegen hinunter, zun Glück wars nur ein Stockwerk. Wie ich in der Mitte zwischen den Stöcken quasi am Geländer häng, auf einmal wirds hell wie der Tag um mich herum. Ich bleib stehen wie angefroren, war ich ja fast auch, ob ich eine Tür gehen hör. Da tut sich nichts. Und ich warte und warte, und dann geht halt endlich das Licht aus. Wenn ich nicht halb erfroren wäre, wäre ich ewig und noch einen Tag da auf den Gang herumgestanden. Aber so.
Ich hätte wahrscheinlich was merken müssen. Aber ich war so heilfroh, wie ich endlich die Stimme von der süßen Kleinen, Mackovic heißt sie übrigens, durch die Tür durch gehört hab, beinah hätt ich trotz der Arschkälte noch einen Anfall von Manneskraft bekommen.
Das ist so eine von diesen tieferen Stimmen, ein bisserl rauchig, ihr kennt das, eigentlich zu alt für ihr Alter, ich denk da dann immer gleich an sehr lange Beine und sehr kurze Rockerln. Naja, was soll ich sagen, bei der jungen Mackovic stimmt es ja auch, das mit den Beinen. Aber daß sie mir wirklich im Mini die Tür aufmacht, und mit diese radikalgeile Strümpf, hätt mir eigentlich schon zu denken geben können. Naja. Jedenfalls, soweit sind wir ja noch nicht. Also, ich hör ihre Stimme durch die Tür -- wird es euch eh noch nicht fad? Nehmt euch noch einen Wein, ich mach eine Lokalrunde! -- ich hör ihr Reibeisen von einer Stimme, und sie sagt "Wer ist denn da? Drehen Sie doch das Licht auf", und mir fallt nix Besseres ein, als zu stottern, "Kalt ists, und ich bin nackert."
© Bess LaMess 2005-2021